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Fehlende Belangbarkeit als «Access Provider» für Tätigkeiten der «Hoster/Uploader» oder für das Verhalten der «User»

Fehlende Belangbarkeit als «Access Provider» für Tätigkeiten der «Hoster/Uploader» oder für das Verhalten der «User»

Rechtsprechung
Urheberrecht

Fehlende Belangbarkeit als «Access Provider» für Tätigkeiten der «Hoster/Uploader» oder für das Verhalten der «User»

4A_433/2018

I. Ausgangslage

Im Internet finden sich u.a. Portale, welche Verweisungen auf andere Internetseiten publizieren mit dem Ziel, den Nutzern das Abspielen oder Herunterladen von Filmen zu erleichtern. Dabei generieren diese Portale Einnahmen aus Abschlussprovisionen für Abonnemente sowie aus Provisionen für Werbung. Die A. AG (Anmerkung der Redaktion: gemäss NZZ vom 27.2.2019 [Keine Sperrung für illegal zugängliche Filme im Internet] die Zürcher Filmgesellschaft Praesens-Film) verlangte als Klägerin vor dem Handelsgericht des Kantons Bern von der B.AG (Anmerkung der Redaktion: gemäss NZZ vom 27.2.2019 [Keine Sperrung für illegal zugängliche Filme im Internet] die Swisscom) als Beklagter, diese habe ihren Kunden mittels geeigneter Massnahmen (z.B. IP-, DNS- oder URL-Sperren) im Internet den Zugang zu den Domains www.cineblog-01.net, www.cineblog01.li, www.ch01.eu, www.ch01.org, www.cb01.biz sowie weiteren einzeln aufgeführten Internetseiten zu sperren, weil auf diesen Portale tausende von Filmen zugänglich gemacht würden, auch solche, an denen die Klägerin für das Gebiet der Schweiz Exklusivlizenznehmerin der Urheberrechte sei. Das Handelsgericht wies diese Klage mit Urteil vom 16. August 2017 ab, u.a. mit der Begründung, die Beklagte sei nicht an einer Urheberrechtsverletzung beteiligt und daher gar nicht passivlegitimiert. Gegen diesen Entscheid erhob die A. AG (nachfolgend Bf) Beschwerde in Zivilsachen vor Bundesgericht.

Abweisung der Beschwerde

II. Erwägungen unter dem Aspekt der Verletzung von Urheberrecht

1. Grundsätzliches:

a) Der Schutz des URG erstreckt sich auch auf durch Personen im Ausland begangene Taten, sofern diese in der Schweiz Wirkungen entfalten (Art. 1 URG). (E. 2.2.3 a.E.)

b) Das URG enthält keine besondere Regelung zur Teilnahme. Art. 50 OR hat jedoch sowohl eine reparatorische als auch eine negatorische Wirkung gegenüber Teilnehmern an einer Rechtsverletzung. Der Teilnehmer (z.B. als Anstifter, Gehilfe oder Förderer) an einer Drittrechte verletzenden Handlung muss daher (auch) für einen Unterlassungsanspruch passivlegitimiert sein, wobei die Haftbarkeit voraussetzt, dass z.B. eine Urheberrechtsverletzung eine adäquat kausale Folge seines Handelns ist bzw. war. (E. 2.2.1 i.V.m. E. 2.3.1 Abs. 1)

c) Gemäss Art. 62 Abs. 1 Bst. a und b URG kann eine Partei, die in ihren Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten verletzt ist, gerichtlich verlangen, dass eine drohende Verletzung verboten oder eine bereits bestehende Verletzung beseitigt wird. (E. 2.2.1 erster Satz)

d) Aufgrund von Art. 19 Abs. 1 URG ist der Eigengebrauch von veröffentlichten Werken zulässig. Als Eigengebrauch gilt dabei gemäss Art. 19 Abs. 1 Bst. a URG – unabhängig, ob die verwendete Quelle legal oder illegal ist – jede Werkverwendung im persönlichen Bereich. (unwidersprochenes Zitat aus dem handelsgerichtlichen Urteil in E. 2.1 Abs. 2 a.A.; E. 2.2.2 Mitte)

2. Subsumtion:

  • Da ein Unterlassungsanspruch gegenüber der Beschwerdegegnerin die Teilnahme (derselben) an einer rechtswidrigen Haupttat voraussetzt, hat die Vorinstanz zu Recht (als Erstes) geprüft, ob eine Urheberrechtsverletzung durch die Nutzer bzw. Konsumenten der in Rede stehenden Filme droht. (E. 2.2.2 a.A.)

  • Da die fragliche Tätigkeit der oben erwähnten Nutzer darin besteht, die streitgegenständlichen Internetseiten aufzurufen und die entsprechenden Filme zu konsumieren, ist diese Tätigkeit gemäss Art. 19 Abs. 1 Bst. a URG – unabhängig von der Frage nach der Rechtmässigkeit der zugänglich gemachten Quellen – durch die Eigengebrauchsschranke gedeckt. Diesbezüglich liegt somit keine Urheberrechtsverletzung vor, an welcher die Beschwerdegegnerin überhaupt hätte teilnehmen können. (E. 2.2.2)

  • Zu prüfen bleibt jedoch eine allfällige Haftung der Beschwerdegegnerin nach Art. 50 Abs. 1 OR (Stichwort: zivilrechtliche Verantwortlichkeit als Teilnehmerin), weil ihr Verhalten die Rechte der Bf als ausschliesslicher Lizenznehmerin gemäss Art. 62 Abs. 3 URG im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als «Access Provider» verletzte. Zu diesem Thema führt das Gericht Folgendes aus: Vorliegend müsste ein Teilnaheverhalten der Beschwerdegegnerin (als «Access Provider») allgemein geeignet sein, eine Urheberrechtsverletzung der Direktverletzer («Hoster» und «Uploader», welche die fraglichen Filme an einem unbekannten Ort im Internet verfügbar machen) zu begünstigen. Die Beschwerdegegnerin leistet auch in diesem Zusammenhang keinen konkreten Tatbeitrag; denn ihre Beteiligung geht nur so weit, zusammen mit vielen andern «Access Providern» die technische Infrastruktur bereitzustellen, damit ein Zugang zum weltweiten Internet von der Schweiz aus überhaupt möglich wird; entsprechend bietet sie ihren Kunden keine bestimmten Inhalte an. Eine Erfassung von «Access Providern» bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet müsste durch den Gesetzgeber geregelt werden. (E. 2.3.1 – 2.3.2)

III. Fazit

Die Beschwerde der A.AG gegen die B. AG wird vollumfänglich abgewiesen; d.h. die Swisscom als Anbieterin von Internetzugang ist nicht gehalten, den Zugriff auf Internetseiten mit widerrechtlich zugänglich gemachten Filmen zu sperren.

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