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Die Marke «j (fig.)» erweist sich gegenüber den Marken «apple (fig.)» sowie «leaf (fig.)» als schutzfähig

Die Marke «j (fig.)» erweist sich gegenüber den Marken «apple (fig.)» sowie «leaf (fig.)» als schutzfähig

Rechtsprechung
Markenrecht

Die Marke «j (fig.)» erweist sich gegenüber den Marken «apple (fig.)» sowie «leaf (fig.)» als schutzfähig

B-1176/2017

I. Ausgangslage

Vincenzo Barbato, wohnhaft in Italien, ist Inhaber der internationalen Marke Nr. 1'292'997 j (fig.), die am 29. Januar 2016 gestützt auf eine Basiseintragung der Europäischen Union mit Prioritätsdatum vom 8. Januar 2015 in der Gazette OMPI des marques internationales Nr. 2016/10 publiziert und deren Schutzausdehnung auf die Schweiz verlangt wird. Die Marke ist für Waren der Klasse 9 registriert und präsentiert sich wie folgt:

Gegen diese Schutzausdehnung erhob die us-amerikanische Apple Inc. am 1. Juli 2016 Widerspruch unter Bezugnahme auf zwei ihrer ebenfalls die Waren der Klasse 9 betreffende Marken, nämlich:

a) die am 21. März 2012 beim IGE hinterlegte Bildmarke CH P-502'206 apple (fig.) (nachfolgend Widerspruchsmarke 1 genannt) mit folgender Darstellung:

und

b) die am 28. November 2012 beim IGE hinterlegte Bildmarke CH 640'382 leaf (fig.) (nachfolgend Widerspruchsmarke 2 genannt) mit folgender Darstellung:

Mit Verfügungen vom 24. Januar 2017 wies das IGE den Widerspruch vollumfänglich ab mit der Begründung, trotz Warengleichheit und Zeichenähnlichkeit sei keine Verwechslungsgefahr gegeben. Gegen diese Verfügung erhob die Apple Inc. Am 23. Februar 2017 Beschwerde vor BVGer.

Abweisung der Beschwerde.

II.   Erwägungen unter dem Aspekt der Verwechslungsgefahr

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 Bst. c i.V.m. Art. 31 Abs. 1 MSchG kann der Inhaber einer älteren Marke gegen die Eintragung einer jüngeren Marke Widerspruch erheben. Dieser ist gutzuheissen, wenn sich eine Verwechslungsgefahr ergibt, weil die jüngere Marke der älteren ähnlich ist und die beiden Marken für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen registriert sind. (E. 2.1 erster Satz)

b) Eine sog. unmittelbare Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn ein Zeichen durch die massgebenden Verkehrskreise für das andere gehalten wird. Eine (lediglich) mittelbare Verwechslungsgefahr bedeutet, dass die erwähnten Kreise die Zeichen zwar auseinanderhalten, jedoch wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen den Markeninhabern vermuten. Dabei schaffen jedoch Anspielungen auf oder Anlehnungen an bekannte Marken keine Verwechslungsgefahr, wenn diese Marken zwar wegen ihrer Bekanntheit erkannt werden, jedoch (i) die betroffenen Waren ausserhalb des Gleichheitsbereichs (vgl. dazu insbes. Bst. j - l hienach) liegen oder (ii) keine relevante Zeichenähnlichkeit (vgl. dazu insbes. Bst. h und i hienach) besteht. (E. 2.6 zweiter Teil)

c) Mit Blick auf die Bestimmung der massgebenden Verkehrskreise (vgl. Bst. b hievor) gilt, dass für Produkte, die sich sowohl an Fachleute als auch andere Personen richten, die weniger markterfahrene und grössere Gruppe massgebend ist. (E. 3 zweiter Satz)

d) Kriterien der unter Bst. a hievor erwähnten Verwechslungsgefahr sind (i) die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, (ii) die Zeichenähnlichkeit und (iii) die Gleichartigkeit der betroffenen Produkte. Dabei müssen die zu vergleichenden Zeichen um so unterschiedlicher sein, je ähnlicher sich die Produkte sind. (E. 2.1 zweiter Teil)

e) Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (vgl. Bst. d/i hievor) bestimmt deren Schutzumfang und damit den geschützten Ähnlichkeitsbereich bzw. die originäre Unterscheidungskraft derselben. (E 2.4 a.A.)

f) Für schwache Marken ist der geschützte Ähnlichkeitsbereich kleiner als für starke. Eine Marke gilt als stark, (i) wenn sie infolge fantasievollen Gehalts auffällt oder (ii) wenn sie dank intensiven Gebrauchs eine überdurchschnittliche Bekanntheit geniesst. (E. 2.4 a.E.)

g) Die Kennzeichnungskraft von Bildmarken mit Sinngehalt (vgl. Bst. d/i hievor) kann sowohl von der äusseren Gestattung als auch dem Sinngehalt der älteren Marke abhängen. (E. 2.3 Mitte)

h) Die Zeichenähnlichkeit zweier Marken (vgl. Bst. d/ii hievor) ist aufgrund des Gesamteindrucks in der Erinnerung der angesprochenen Verkehrskreise zu beurteilen. (E. 2.3 erster Satz)

i)   Für Bildmarken mit Sinngehalt können bezüglich Zeichenähnlichkeit (und auch Kennzeichnungskraft [vgl. dazu Bst. g hievor]) einerseits (i) die äussere Gestaltung und anderseits (ii) der Sinngehalt prägend sein. (E. 2.3 Mitte)

j)   Die Gleichartigkeit der Produkte (vgl. Bst. d/iii hievor) beurteilt sich auf Grundlage der Einträge im Markenregister. (E 2.2 erster Satz)

k) Als Kriterien für die Gleichartigkeit von Waren gelten (i) Übereinstimmungen zwischen den Herstellungsstätten, den Abnehmerkreisen und dem Verwendungszweck oder bezüglich Substituierbarkeit, (ii) gleiche oder verwandte technologische Indikationsbereiche, (iii) Verhältnis zwischen den Waren i.S. von Hauptware und Zubehör sowie (iv) aus Sicht der Abnehmer eine Verbindung zwischen den Waren i.S. von sinnvollen Leistungspaketen. (E. 2.2 Mitte)

l)   Als Kriterien gegen die Gleichartigkeit von Waren gelten (i) getrennte Vertriebskanäle innerhalb derselben Käuferschicht sowie (ii) das Verhältnis von Hilfsware oder Rohstoff zu Haupt-, Zwischen- oder Fertigfabrikaten. (E. 2.2 a.E.)

m) Die Verwechslungsgefahr ist grundsätzlich ohne weiteres zu bejahen, wenn die angefochtene Marke dem Betrachter keine originelle Bildwirkung vermittelt, weil sie nur als Variation, Bearbeitung oder Modernisierung der älteren Marke erscheint. (E. 2.3 a.E.)

n) Die Verwechslungsgefahr ist zu bejahen, wenn wegen (i) der Zeichenähnlichkeit (vgl. dazu insbes. Bst. h und i hievor) sowie (ii) der Gleichartigkeit der Produkte (vgl. dazu insbes. Bst. j - l hievor) Fehlzurechnungen zu befürchten sind. (E. 2.6 erster Satz)

o) Bei Massenartikeln des täglichen Gebrauchs ist die Verwechslungsgefahr nach einem strengeren Massstab zu beurteilen, denn diesbezüglich sind sowohl eine geringere Aufmerksamkeit als auch ein geringeres Unterscheidungsvermögen der angesprochenen Kreise anzunehmen im Vergleich zu Spezialprodukten bzw. Dienstleistungen, deren Markt sich auf einen mehr oder weniger geschlossenen Kreis von Fachleuten beschränkt. (E. 2.5)

2. Subsumtion:

  • Als massgebende Verkehrskreise gelten mit Blick auf die hier betroffenen Computer sowie Mobiltelefone, Smartphones und Tablet-PCs, deren Zubehör sowie diverse Software sowohl Fachkreise als auch mediengewohnte und -konsumierende Letztabnehmer. Da es um aufwendige Anschaffungen mit einer gewöhnlich längeren Einsatzdauer geht, die vor dem Erwerb auf Funktion sowie Ausstattung hin geprüft werden, ist dabei von einer zumindest leicht erhöhten Aufmerksamkeit auszugehen. (E. 3 Abs. 2)
  • Zur Frage nach der Gleichartigkeit der Produkte gelangt das Gericht zum Schluss, dass hinsichtlich der Widerspruchsmarke 1 mit Bezug auf bestimmte, im Urteil genau umschriebene Produkte sowie hinsichtlich der Widerspruchsmarke 2 mit Bezug auf ebenfalls im Urteil genau umschriebene Produkte eine Warengleichheit besteht. (E. 4)
  • Auch die Zeichenähnlichkeit zwischen den Widerspruchsmarken und der angefochtenen Marke wird durch das Gericht bejaht, insbes. mit der Begründung, es bestünden erhebliche Übereinstimmungen auf visueller bzw. optischer Ebene. (E. 5)
  • Im Rahmen der Prüfung, ob zwischen den zu vergleichenden Zeichen eine Verwechslungsgefahr besteht, argumentiert das Gericht schliesslich unter Verneinung einer solchen Gefahr wie folgt:

Die Widerspruchsmarke 1 ist angesichts ihres Sinngehalts als angebissener Apfel im Zusammenhang mit den durch sie beanspruchten Waren – da nicht beschreibend – originär unterscheidungskräftig. (E. 6 Abs. 3 erster und zweiter Satz)

Die Widerspruchsmarke 2 ist im Vergleich mit dem Gesamteindruck, den die angefochtene Marke entfaltet, ebenso als ausreichend unterschiedlich zu qualifizieren, obschon sie – jedoch nur als banale Figur mit schwacher originärer Kennzeichnungskraft – integral in die angefochtene Marke übernommen wurde. (E. 6 Abs. 3 zweiter Teil und Abs. 4)

III. Fazit

Die Beschwerde der Inhaberin der Widerspruchsmarken 1 und 2 wird abgewiesen und der angefochtenen Marke ist der Schutz für die Schweiz zu gewähren. Dabei weist das Gericht darauf hin, dass das Thema einer allfälligen Anspielung der angefochtenen Marke auf die Widerspruchsmarke 1 unter dem Blickwinkel der Bekanntheit Letzterer im Rahmen eines Zivil- oder Strafverfahrens unter Art. 15 MSchG oder Art. 3 Bst. e UWG zu prüfen wäre. (E. 6 Abs. 4).

iusNet IP 07.04.2019